Nikola Irmer
Nikola Irmer erarbeitet in ihren Werkgruppen über lange Zeiträume spezifische Themen, die von umfassenden Recherchen zu intellektuellem Hintergrund und Historie begleitet werden. Sie versteht ihre Malerei als facettenreichen Prozess, in dem figürlich Konkretes durch die Abstraktion gehen muss, in dem die Motive aus Kompositionen und Farbklängen entwickelt werden und in dem Ordnung und Chaos immer wieder neu in Balance gebracht werden müssen. Eine Konstante in ihrer Malerei bildet dabei das Interesse für Dinge, deren augenscheinlicher Nutzwert erloschen ist und die ihr somit Möglichkeiten für alternative Sichtweisen eröffnen.
Bei den Bildern zu naturkundlichen Sammlungen bilden häufig Studien in Depots den Ausgangspunkt – jene Bereiche also, in denen taxidermische Exponate am Rande des Vergessens bisweilen ein befremdliches Eigenleben entfalten. In veränderten Perspektiven, Ausschnitten und Fokussierungen auf Details einzelner Tiere zeigen die Bilder Regale und Kabinettschränke gefüllt mit ausgestopften Vögeln, Lemuren und Fischen, Gläser mit Chamäleons, Echsen und Fröschen. In den mit Flüssigkeit gefüllten Behältnissen führen die Spiegelungen der nahen Umgebung und die Aufhebung des Hintergrunds zu einer stark abstrahierten Wiedergabe des Gesehenen. Irmers Faszination gilt hier vor allem der Beschäftigung mit dem Übersehenen, Vergessenen, dem sie mit ihren Bildern ein neues Leben zu geben vermag.
In der jüngsten Werkgruppe „Playpens” hingegen durchforscht die Künstlerin Miniaturwelten und deren formale wie psychologische Assoziationsräume. Die Bilder zeigen parallele Universen von Puppenhäusern, deren Interieurs mit Spielzeugen, die für gewöhnlich mit Unschuld und häuslichem Komfort assoziiert werden. Kinder spielen sich ins Leben und nicht zuletzt in geschlechtsspezifische Rollen. Diese auf den ersten Blick so harmlose Welt der Miniaturen dient Irmer als ein Möglichkeitsraum für andere, unbehagliche Phantasien, versteckte Heimlichkeiten, Schattenzonen und plötzlich einbrechendes Chaos. Abrupte Sprünge in den Größenverhältnissen, surreales Nebeneinander von Unvereinbarem und bizarre Farbdissonanzen stören die Idylle, kehren sie in ihr Gegenteil.
Ihre neuen Bilder von 2017 pendeln im kleinen Format zwischen ungegenständlicher Form und Figuration. Die Motive kristallisieren sich aus abstrakt gesetzten Farbfeldern heraus und es ist vor allem die atmosphärische Dichte von Licht und Farbe, in denen die unscheinbaren Orte narrativ aufgeladen werden und ihre Herkunft als Crime Scenes einlösen.
Nikola Irmer, 1970 in Starnberg geboren, lebt und arbeitet in Berlin.
1992 begann sie ihr Studium am San Francisco Art Institute, das sie 1993 an der Glasgow School of Art fortsetzte und 1995 mit dem Bachelor of Fine Arts abschloss. Ein im Anschluss absolviertes Studium am Hunter College, City University New York, schloss sie 1998 mit dem Master of Fine Arts ab. 2003 erhielt Irmer ein Stipendium der Stiftung Kulturfonds. Seit 1999 stellt sie im In- und Ausland in Einzel- und Gruppenausstellungen aus. 2012 nahm Irmer an der dOCUMENTA (13) in Kassel teil. Im Rahmen der Ausstellung „The Worldly House. An Archive Inspired by Donna Haraway’s Writings on Multi-Species Co-Evolution“ zeigte sie ihr Projekt „Promethean Boldness“, das sich an die ambivalente Natur der Sammlungen von Naturkundemuseen richtet.
Geboren 1970 in Starnberg. Lebt und arbeitet in Berlin.
Ausbildung
1992-93 | San Francisco Art Institute |
1993-95 | Glasgow School of Art (Bachelor of Fine Arts) |
1995-98 | Hunter College, City University New York (Master of Fine Arts) |
2010 | 3 Monate Studienaufenthalt in Florenz |
2013 | 6 Monate Studienaufenthalt in Florenz |
Föderungen und Preise
2013 | Katalogförderung für das E-book Promethean Boldness, Design Transfer Bonus, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen |
2003 | Arbeitsstipendium Stiftung Kulturfonds |
1999 | Katalogförderung vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur |
1997 | Travel Grant, Hunter College, New York |
1995 | Landscape Drawing Prize, Glasgow School of Art |
Bibliografie
2017 | Jeremias Heppeler, Formen in Formaldehyd, in: Thurgaukultur |
2016 | Titus Arnu, Nikola Irmer. Zoo der lebenden Toten, in: Süddeutsche Zeitung No. 216, 17./18. September, S. 52 |
2014 | Heim_Spiel Mitte, Ausstellungskatalog, Frauenmuseum Berlin & galerie weisser elefant, Berlin |
2013 | Promethean Boldness, e-book, Kunst Editionen, Berlin |
2012 | Nikola Irmer, Promethean Boldness, in: „Bildende Künste und Dynamiken der Natur, Kritische Berichte, Vol. 40, Nr. 3 |
2010 | Guido Schlimbach (Hg.), Blickwechsel, Ausstellungskatalog, Galerie Julia Garnatz, Köln |
2009 | basis Wien (Hg.), Mal was Deutsches, Ausstellungskatalog, Wien |
2008 | Maureen Ward, Nikola Irmer: Horst, in: a-n magazine, September Issue, S. 17, UK |
2007 | Wilhelm von Werthern, Künstlerin des Monats: Nikola Irmer, in: LE MONDE diplomatique, Dezember |
2006 | Happy Birthday, Ausstellungskatalog, Kunsthaus Erfurt |
2005 | K4 galerie (HG.), Nikola Irmer, Personals, bruno dorn verlag, Berlin |
2002 | Times Square Gallery (Hg.), Second Sight, Ausstellungskatalog, New York City |
1999 | Tely Büchner (Hg.), Nikola Irmer, eAusstellungskatalog, Galerie im Kunsthaus Erfurt |
Lehraufträge, Seminare
2017 | Werkvertrag: Universität Konstanz: Exhibition! Ein kuratorische Dialog zwischen Kunstwissenschaft und Gegenwartsmalerei. |
2016/17 | Lehrauftrag: Universität Konstanz: Ausstellen! Ein kuratorischer Dialog zwischen Kunstwissenschaft und Gegenwartsmalerei. |
2008 | Gastdozent, Camberwell College of Arts |
2003-05 | Dozent, Sommerakademie Neuburg |
Einzelausstellungen
2023 | Birds, Haus der Natur, Salzburg, Österreich Strata, Galerie Belleparais, München Behind the Scenes, kuratiert von Maria und Natalia Petchatnikov, Panda Platforma, Berlin |
2022 | Nikola Irmer, Traces, Kunstverein Konstanz Admont Guests: Werke von Nikola Irmer im Naturhistorischen Museum, Stift Admont, Österreich |
2020 | Figmens and Clues, Neue Galerie Landshut, Verein für aktuelle Kunst e.V. |
2017 | Animalerisch, Kunstraum Kreuzlingen, Schweiz |
2015 | Leben im Verborgenen, Schlossmuseum Gotha, Ekhof-Galerie |
2014 | Stilled Lives, Galerie Nanna Preußners, Hamburg |
2013 | A Bird a Mouse and a Piece of Heart..., Neue Galerie Landshut, Verein für aktuelle Kunst e.V. |
2011 | Promethean Boldness, Hemingwayart, Oxford |
2010 | Blickwechsel, Galerie Julia Garnatz, Köln (mit Rupert Eder, Kat.) |
2009 | Thickets, Foyer Space Gallery, Camberwell College of Arts, London |
2008 | Horst, apartment, Manchester |
2007 | Boys, axellappprojects, Berlin |
2005 | Mauerpark, project space, Art Frankfurt |
2004 | Far From Home, Kunsthaus Erfurt |
2003 | Far From Home, Ungarische Botschaft, Berlin |
Gruppenausstellungen
2024 | Aktuelle Kunst in alten Mauern: Aspekte der Sammlung Gegenwartskunst des Stiftes Admont, Museum Gegenwartskunst, Admont, Österreich |
2023 | "Sieh einmal die Schönen Blümen", Galerie Jägerschere, kuratiert von Nick Crowe |
2022 | Admont Guests, Nikola Irmer aimNaturhistorischen Museum, Stift Admont, Österreich Unternehmerinnen IV, Galerie Belleparais, München |
2021 | imPERFEKT, MEWO Kunsthalle, Memmingen Unternehmerinnen III, Belleparais - Raum für Kunst, München |
2020 | Seltene Gewächse, Belleparais - Raum für Kunst, München |
2018 | 100, Galerie Axel Obiger, Berlin |
2017 | Mindscapes, Galerie Nanna Preußners, Hamburg (mit Peter Sköld und Flora Whiteley) |
2014 | Heim_Spiel Mitte, galerie weisser elefant, Berlin |
2013 | Best Of, Künstler der Galerie, Galerie Nanna Preußners, Hamburg |
2012 | Promethean Boldness im Rahmen der Ausstellung "The Worldly House. An Archive Inspired by Donna Haraway’s Writings on Multi-Species Co-Evolution", dOCUMENTA (13), Kassel |
2009 | Mal was Deutsches, Salzburg |
2008 | Menschen und Orte, 150 Jahre Kunstverein Konstanz |
2007 | Review, axellappprojects, Berlin |
2006 | Das Große im Kleinen, K4 galerie, Saarbrücken |
2005 | Aus der Serie, K4 galerie, Saarbrücken |
2003 | Why Can't I be You? Galerie Paula Böttcher, Berlin |
2002 | Second Sight, Times Square Gallery, New York (Kat.) |
2001 | Three Painters, Intermedia Gallery, Glasgow |
1999 | Portrait, AU Base Gallery, New York |