Peter Weber
Seit den frühen 1990er Jahren widmet Peter Weber (*1944) sein gesamtes künstlerisches Schaffen dem Spezialgebiet der Faltung und hat diese Technik zu einer virtuosen Meisterschaft entwickelt. In der bildenden Kunst ist das Falten eine selten angewandte Technik, kein anderer Künstler arbeitet in dieser Konsequenz und Intensität mit dieser Methode. Die Faltung ist zu Peter Webers Stil und Markenzeichen geworden.
Das Falten ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit, sie beschreibt den Vorgang, eine zweidimensionale Fläche ohne Schnitte in eine kleinere, dreidimensionale Einheit zu transformieren. Diese Arbeitsweise entspricht dem holistischen Lebensprinzip des Künstlers, der vom Gedanken der Ganzheit fasziniert ist. Beim Falten erfährt das Ausgangsmaterial eine Metamorphose, ohne dass der Werkstoff zerstört oder beschnitten wird, er bleibt in seiner Gesamtheit erhalten. Betrachtet man Peter Webers komplexe Faltgebilde, so steht man dieser Tatsache oft skeptisch gegenüber. Denn seine Werke sind keine einfachen Gebilde, sondern vielschichtig vernetzte geometrische Strukturen, denen jeweils ein umfangreicher Entwurfs- und mathematischer Planungsprozess vorausgeht.
Im Unterschied zu anderen Künstlern, die das Ergebnis ihres Schaffensprozesses stets vor Augen haben, arbeitet Peter Weber auf der Rückseite seiner Werkstücke. Hier bringt er alle Konstruktionslinien auf und bereitet die Faltung durch das Nuten des Materials vor. Nach Abschluss des gesamten Faltprozesses, der aufgrund der Vernetzung der Strukturen in einem Zug passieren muss, tritt erst mit dem Wenden die Sichtseite zutage. Hier zeigt sich, wie entscheidend eine achtsame Planung ist, denn jeder minimale Berechnungsfehler eines Winkels oder eine unstimmige Maßeinheit verfälschen das Ergebnis und haben Auswirkungen auf die gesamte Komposition.
Immer wieder überrascht Peter Weber mit einem neuen Formen- und Materialrepertoire. Neben Papier, Leinwand, Kunststoff und Metall arbeitet er seit vielen Jahren mit industriell hergestelltem Filz. In jüngster Zeit sind Edelstahl und 640 Gramm schweres Papier hinzugekommen. Jeder Werkstoff hat seine eigene Charakteristik und verlangt nach individueller Bearbeitung. Jede Faltung ergibt in einem anderen Material auch ein völlig anderes Erscheinungsbild. So bestimmen die jeweiligen Eigenschaften des Werkstoffs den künstlerischen Schaffensprozess und haben bei der Entwicklung der Bildkonstruktion wesentlichen Anteil. Papier oder Karton sind zwar einfach zu falten, dennoch sind es heikle Materialien, da sie keine Fehler tolerieren. Ein mehrere Zentimeter dicker Filz verlangt dem Künstler hingegen heftigen körperlichen Einsatz ab. Das Zähmen des festen Stoffes bringt den Künstler zwar oft an die Grenze des Machbaren, verleiht der realisierten Bildidee aber eine umso höhere Spannung.
Die Kunst von Peter Weber ist durch einen höchst individuellen Stil und eine Arbeitsweise charakterisiert, die sich niemals nur auf Ergebnisse und Errungenschaften verlässt, sondern stets in unbekanntes Terrain vorzudringen sucht. Diese Haltung speist sich nicht allein aus seiner künstlerischen Erfahrung und seinem handwerklichen Können, sondern wird vor allem von seinem Wunsch getragen, komplizierte Sachverhalte der Gestaltung zu lösen. Peter Weber versteht es, das Konstruktive der Konzeption und das Konkrete des Materials in äußerst poetischer Weise zu verschränken. Mit den vielfältigen Möglichkeiten seiner ungewöhnlichen Faltprozesse und dem Alphabet der geometrisch abstrakten Kunst kommt er zu Bildfindungen von hoher ästhetischer Wirkung. Peter Weber erreicht damit nicht nur eine Erweiterung der Konkreten Kunst, sondern reiht sich ein in die Riege der innovativsten Vertreter dieser Richtung.
Gerda Ridler: Peter Weber und die Kunst des Faltens, 2020
Peter Weber wurde 1944 in Kollmar/Elbe geboren. Er lebt und arbeitet bei München.
Geboren 1944 in Kollmar/Elbe. Lebt und arbeitet bei München.
Ausbildung und künstlerische Entwicklung
1963-65 | Lehre als Schriftsetzer |
1969-73 | Studium an der Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Gestaltung bei Max H. Mahlmann; Diplom als Grafikdesigner |
seit 1969 | Auseinandersetzung mit Konkreter Kunst, erste Versuche systematischer und serieller Veränderung von Linienrastern |
1973 | Versuche der Verbindung von Kinetik und Musik, erster Katalog zu einer kinetischen Multivision zur Komposition Transition I |
1974 | Freiberufliche Tätigkeit als Maler und Grafiker |
1975 | Erste Papierfaltungen |
1975-78 | Lehrauftrag als Kunsterzieher in Hamburg |
1979-89 | Lehrauftrag an der Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Gestaltung |
1990 | Entwicklung von Falttechniken und Faltsystemen unter Einbeziehung des Mediums Leinwand |
1993 | Faltungen mit Vorder- und Rückseite einer Form in einer Ebene |
1996 | Faltungen in Kunstharz und Edelstahl |
2001 | Erste Faltungen in Filz |
2005-06 | Erste Retrospektive im Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, mit 4 weiteren Stationen |
2017 | Erste Arbeiten in Stahl und Filz mit "offenen Faltzuständen" entstehen |
Preise, Beteiligungen
2002 | Preisträger des Skulpturenparks Mörfelden-Walldorf aus dem Jahr 2000 zeigen ihre Werke |
Beteiligungen an den Landesschauen des BBK Schleswig-Holstein in 1994/95/97/99/2000/2001/2002/2003/2004/2005/2006/2009/2015.
Vertreten auf nationalen und internationalen Kunstmessen.
Sammlungen (Auswahl)
Forum Konkrete Kunst, Erfurt, DE
Helms-Museum, Hamburg, DE
Kunsthaus Rehau, Institut für Konstruktive Kunst und Konkrete Poesie
Landesbank Schleswig-Holstein, Kiel, DE
Landesbank Schleswig-Holstein/Stockholm, SE
Landesgalerie am oberösterreichischen Landesmuseum, Linz, AT
Museum Abtei Liesborn, Liesborn, DE
Museum Dr. Bamberger-Haus, Rendsburg, DE
Museum für Reduktive Kunst, Swiradow, PL
Museum für Konkrete Kunst und Design, Ingolstadt, DE
Sammlung Peter C. Ruppert – Konkrete Kunst aus Europa nach 1945, Museum im Kulturspeicher, Würzburg, DE
Museum Modern Art, Hünfeld / Fulda, DE
Museum Ritter, Sammlung Marli Hoppe-Ritter, Waldenbuch, DE
Provinzial Versicherungen, Kiel, DE
Sammlung D. de Simone, Rom, IT
Sammlung E. Gomringer, Rehau, DE
Sammlung G. Wienecke, Hamburg, DE
Sammlung Frederick R. Weisman Art Foundation, Los Angeles, CA, USA
Sammlung J. & S. Bergman, Chicago, IL, USA
Sammlung M. & J. Fee, Chicago, IL, USA
Sammlung R. Elia, Turin, IT
Sammlung Ricci-Zucchini, Bologna, IT
Sammlung S. Braunfels, München/Berlin, DE
Sammlung U. Crespo, Frankfurt / Wien, DE/AT
Schulzentrum Nakskov, Lolland, DK
Sparkasse Celle, DE
Stadtgalerie im Elbeforum, Brunsbüttel, DE
Städtische Galerie Karlsruhe, DE
Sammlung Hoffmann-LaRoche, Basel, CH
Sammlung Maximilian und Agathe Weishaupt, München, DE
Sammlung Carmen Sacher, Stadt Schrozberg, DE
Sammlung Apostolatos, Caracas, VE
Sammlung Textile Traces Collection, Los Angeles, CA, USA
Sammlung Kunststiftung Annelies und Gerhard Derriks, Fürstenfeldbruck, DE
Sammlung Das Kleine Museum, Weissenstadt, DE
Sammlung Kunstraum Alexander Bürkle, Freiburg, DE
Sammlung SCHROTH, Soest, DE
Einzelausstellungen ab 1990
2022 | Struktur und Wandel, Museum Ritter, Waldenbuch Raumfaltungen, Kunstmuseum Bayreuth, Ausstellungshalle Neues Rathaus, Bayreuth |
2021 | Peter Weber, Galerie Leonhard, Graz, AU Strukturen der Faltung, Galerie Nanna Preußners, Hamburg, DE |
2020 | Galeria Marita Segovia, Madrid, ES (mit Lourdes García O‘Neill) |
2019 | Peter Weber – „alles gefaltet“, Galerie Kautsch, Michelstadt, DE Fläche – Raum – Faltung, Kunsthaus Fürstenfeldbruck, DE Struktur und Faltung, Galerie Renate Bender, München, DE Fläche – Raum – Faltung, Stiftung Konzeptuelle Kunst mit Sammlung Schroth im Museum Wilhelm Morgner, Soest, DE Kunst und Buch, Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, DE |
2018 | Struktur. Peter Weber – Ralph Kerstner, Galerie Mariette Haas, Ingolstadt, DE |
2017 | Peter Weber – Faltungen, Residenz Würzburg, DE |
2016 | Ganzheit als Prinzip. Schwingende Skulpturen und Faltobjekte, mit Martin Willing, Galerie Renate Bender, München, DE |
2015 | Falten in Natur und Technik, Phyletisches Museum, Jena, DE |
2014 | Ganzheit als Prinzip, mit Martin Willing, Städtische galerie ada Meiningen, Meiningen, DE |
2013 | Faltungen, mit Fotograf Johannes Kersting, Hauser Hoffmann Kunst – Art – Arte, Atelier Kuemmichweggen, Schaffhausen, CH |
2012 | Off the Wall, mit Steve Johnson, DavisKlemmGallery Frankfurt, DE |
2011 | Faltungen, Hauser Hofmann Kunst – Art – Arte, Thayngen, CH |
2010 | Das Kleine Museum, Weissenstadt , DE |
2009 | Galerie Renate Bender, München, DE |
2008 | Galeria Marita Segovia, Madrid, ES |
2007 | Galerie Cervino, Augsburg, DE |
2006 | Peter Weber – Joan Hernández Pijuan – ein Dialog, Neuer Kunstverein Aschaffenburg, Aschaffenburg, DE |
2005 | Galerie Uwe Sacksofsky, mit Tom Mosley, Heidelberg, DE |
2004 | Galerie Renate Bender, München, DE |
2003 | Galerie Dietgard Wosimsky, Gießen, DE |
2002 | Galerie Uwe Sacksofsky, Heidelberg, DE |
2001 | Faltwandlungen, Galerie Renate Bender, München, DE |
2000 | Galerie Renate Kammer Architektur und Kunst, Hamburg, DE |
1999 | Faltwandlungen, Artists’ Center, Lübeck, DE |
1998 | Faltwandlungen, Galerie im Elbeforum, Brunsbüttel, DE |
1997 | Faltungen, Kulturzentrum Wassermühle, Trittau, DE |
1996 | Hofgalerie, Chemnitz, DE |
1995 | faltung verso faltung, Haus Ratschow, Rostock, DE |
1994 | Kreishaus Ratzeburg, DE |
1992 | Kunstverein, mit G. Lutz, Bad Dürkheim, DE |
1990 | Strukturen, Ausstellungszentrum am Fernsehturm, Berlin, DE |
Gruppenausstellungen ab 2000
2018 | DECADE ONE. Ten years dr. Julius ap, dr. julius ap, Berlin, DE |
2017/18 | Von Alu bis Zement – Bilder, Plastiken und Objekte, Museum Ritter, Waldenbuch, DE |
2017 | Start-up! Editionen zeitgenössischer konkreter Kunst von renommierten Künstlern und emerging artists, Galerie Robert Drees, Hannover, DE |
2016 | THE BOX PROJECT. UNCOMMON THREADS, Fowler Museum, Los Angeles, CA, USA; Racine Art Museum, Racine, WI, USA (2017); The Textile Museum at George Washington University, Washington, DC, USA (2017/18); Collaboration with the Lloyd Cotsen Collection, Los Angeles, CA, USA |
2015 | SCHWARZ AUF WEISS, Highlights aus der Sammlung Maximilian und Agathe Weishaupt und der Stiftung für konkrete Kunst und Design, Museum für konkrete Kunst, Ingolstadt, DE |
2014 | REIHE – RHYTHMUS – RAUM, Kunstprojekt Karlshof, Ellingen, DE |
2013 | Faszination FARBE. Die Galerie Renate Bender zu Gast im KUNSTHAUS Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck, DE |
2012 | Konstruiertes Grau #4, Mies van der Rohe Haus, Berlin, DE |
2011 | 3 D Reliefs, Objekte und Plastiken aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter, Museum Ritter, Waldenbuch, DE |
2010 | Papier konkret, Galerie Ruhnke, Potsdam, DE |
2009 | Werkgruppen, Galerie Ursula Huber, Basel, CH |
2008 | Hommage an das Quadrat – Werke aus der Sammlung Marli Hoppe- Ritter, Museum Ritter, Waldenbuch, DE |
2007/08 | Exemplifizieren wird Kunst, Vasarely Múzeum, Budapest, HU |
2007 | Petersburg ..., Jahresausstellung, Galerie St. Johann, Saarbrücken, DE |
2006 | Aus & Auf Papier, Papiermachermuseum Laakirchen, Steyrermühl, AT |
2005 | Weiß, März-Galerien, Ladenburg, DE |
2004 | Multiple Objekte, Galerie St. Johann, Saarbrücken, DEKonzept ́03, Hanse-Office Brüssel und Landesvertretung vonSchleswig-Holstein, Berlin, DE |
2003 | Lauflage, Galerie Uwe Sacksofsky, Heidelberg, DE Mondriaanhuis, Amersfoort, NL |
2002 | Europe Concrete, Brunswiker Pavillon, Kiel, DE Galerie Uwe Sacksofsky, Heidelberg, DE |
2001 | Konstruktivisten aus Schleswig-Holstein, Richard-Haizmann-Museum, Niebüll, DE |
2000 | Nicht(s) zu fassen, mit U. Behl, P. Turpin und K.P. Dencker, Museum Modern Art, Hünfeld, DE |